Wenn ältere Menschen pflegebedürftig werden und zu Hause nicht mehr ausreichend versorgt werden können, stellt sich oft die Frage nach einem geeigneten Pflegeheim. Doch was genau ist ein Pflegeheim, welche Leistungen bietet es und wann ist ein Umzug sinnvoll? Dieser Artikel erklärt alles Wichtige rund um Pflegeheime in der Schweiz.
Definition: Was ist ein Pflegeheim?
Ein Pflegeheim ist eine Einrichtung der Langzeitpflege, die Menschen beherbergt, die aufgrund von Alter, Krankheit oder Behinderung auf regelmässige pflegerische und medizinische Betreuung angewiesen sind. In der Schweiz werden Pflegeheime häufig als EMS (Établissement médico-social) bezeichnet, also ein französischer Begriff, der "medizinisch-soziale Einrichtung" bedeutet.
Pflegeheime unterscheiden sich grundsätzlich von reinen Altersheimen oder betreutem Wohnen dadurch, dass sie über ein professionelles Pflegeteam verfügen, das rund um die Uhr medizinische und pflegerische Versorgung gewährleisten kann. Sie sind auf Menschen ausgerichtet, die nicht nur Hilfe im Alltag benötigen, sondern kontinuierliche pflegerische Betreuung.
EMS und Pflegeheim
Der Begriff "EMS" wird besonders in der Westschweiz und in zweisprachigen Kantonen verwendet. In der Deutschschweiz spricht man meistens von "Pflegeheim" oder "Alters- und Pflegeheim". Rechtlich und funktional handelt es sich jedoch um dieselbe Art von Einrichtung.
Aufgaben und Leistungen eines Pflegeheims
Schweizer Pflegeheime bieten ein umfassendes Leistungsspektrum, das weit über die reine medizinische Versorgung hinausgeht. Die wichtigsten Bereiche sind:
Pflegerische Versorgung
- Grundpflege: Unterstützung bei Körperpflege, Ankleiden, Ernährung und Mobilität
- Behandlungspflege: Verabreichung von Medikamenten, Wundversorgung, Injektionen, Überwachung chronischer Erkrankungen
- Spezialisierte Pflege: Demenzbetreuung, Palliativpflege, Schmerzmanagement
- 24-Stunden-Präsenz: Pflegefachpersonen sind rund um die Uhr verfügbar
Medizinische Betreuung
- Regelmässige ärztliche Visiten (Hausarzt oder Heimarzt)
- Koordination mit Fachärzten und Therapeuten
- Medikamentenmanagement und -überwachung
- Notfallversorgung und Krisenintervention
Unterkunft und Verpflegung
- Möbliertes Einzel- oder Doppelzimmer (je nach Verfügbarkeit und Wunsch)
- Vollpension mit drei Mahlzeiten täglich, oft mit Menüauswahl
- Berücksichtigung spezieller Ernährungsbedürfnisse (Diabetes, Allergien, kulturelle Vorlieben)
- Gemeinschaftsräume, Aufenthaltsbereiche, oft auch Gärten oder Terrassen
Betreuung und Aktivierung
- Soziale Betreuung durch Fachpersonen Betreuung
- Aktivierungstherapie: Gedächtnistraining, Bewegungsübungen, kreative Angebote
- Veranstaltungen, Feste, Ausflüge
- Seelsorge und spirituelle Begleitung
Hauswirtschaftliche Dienste
- Reinigung der Zimmer und Sanitäranlagen
- Wäscheservice (waschen, bügeln, flicken)
- Instandhaltung der Einrichtung
Wer arbeitet in einem Pflegeheim?
Ein modernes Pflegeheim beschäftigt ein interdisziplinäres Team:
- Pflegefachpersonen (FH, HF) und Fachpersonen Gesundheit (FaGe)
- Ärztinnen und Ärzte (angestellt oder extern)
- Aktivierungstherapeuten
- Sozialarbeitende und Fachpersonen Betreuung
- Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden
- Küchen- und Hauswirtschaftspersonal
- Heimleitung und Verwaltung
Wann ist ein Pflegeheim die richtige Wahl?
Die Entscheidung für ein Pflegeheim fällt oft schwer und sollte gut überlegt sein. Folgende Faktoren sprechen dafür:
Medizinische Gründe
- Der Pflegebedarf ist so hoch, dass er zu Hause nicht mehr bewältigt werden kann
- Es besteht ein Bedarf an nächtlicher Überwachung oder regelmässiger medizinischer Kontrolle
- Fortgeschrittene Demenz, die eine konstante Beaufsichtigung erfordert
- Komplexe medizinische Situationen (z.B. nach Schlaganfall, bei Multipler Sklerose)
Praktische Gründe
- Spitex-Leistungen reichen nicht mehr aus oder sind zu teuer
- Die Wohnung ist nicht altersgerecht und kann nicht angepasst werden
- Soziale Isolation zu Hause (fehlende Kontakte, Einsamkeit)
- Sturzgefahr oder andere Sicherheitsrisiken
Familiäre Gründe
- Angehörige sind durch die Pflege überlastet (Burnout-Gefahr)
- Keine Angehörigen vorhanden oder diese leben weit entfernt
- Familienbeziehungen leiden unter der Pflegesituation
- Berufstätigkeit der Angehörigen lässt Pflege nicht zu
Wichtig
Ein Pflegeheimeintritt ist nicht immer eine Einbahnstrasse. In manchen Fällen, etwa nach erfolgreicher Rehabilitation oder wenn sich der Gesundheitszustand stabilisiert, kann auch eine Rückkehr nach Hause möglich sein. Dies sollte regelmässig mit dem Pflegeteam und den Ärzten besprochen werden.
Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Pflegeheimen
In der Schweiz gibt es sowohl öffentliche (kantonal oder kommunal betriebene) als auch private Pflegeheime:
Öffentliche Pflegeheime
- Werden von Kantonen, Gemeinden oder Zweckverbänden getragen
- Unterliegen direkter staatlicher Aufsicht
- Oft etwas günstigere Tarife
- Garantierte Aufnahme für Personen mit Wohnsitz in der entsprechenden Gemeinde/Region
Private Pflegeheime
- Werden von Stiftungen, Vereinen oder gewinnorientierten Unternehmen geführt
- Müssen ebenfalls kantonale Qualitätsstandards erfüllen und sind bewilligungspflichtig
- Oft grössere Auswahl bei Zimmerausstattung und Zusatzleistungen
- Können spezialisiert sein (z.B. auf Demenz, auf bestimmte Kulturen)
Rechtlich und qualitativ gibt es kaum Unterschiede: Alle Heime müssen dieselben gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Die Wahl hängt oft von persönlichen Präferenzen, Standort und Verfügbarkeit ab.
Anmeldung und Aufnahme ins Pflegeheim
Der Weg ins Pflegeheim läuft in der Regel folgendermassen ab:
- Bedarfsabklärung: Durch den Hausarzt, Spitex oder Sozialberatung wird der Pflegebedarf festgestellt
- Heimsuche: Recherche nach geeigneten Heimen, Besichtigungen vereinbaren
- Anmeldung: Schriftliche Anmeldung mit ärztlichen Berichten und Informationen zum Gesundheitszustand
- Einstufung: Das Heim prüft, ob es die nötige Pflege bieten kann
- Aufnahme: Bei freiem Platz erfolgt die Aufnahme, oft mit einer Probezeit
In vielen Kantonen gibt es zentrale Anmeldestellen oder Koordinationsstellen, die bei der Heimplatzsuche unterstützen. Es ist ratsam, sich frühzeitig zu informieren und anzumelden, da in gewissen Regionen Wartezeiten bestehen können.
Tipp
Nutzen Sie offizielle Informationsquellen wie die Webseiten der CURAVIVA Schweiz (Branchenverband) oder das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Diese bieten neutrale, verlässliche Informationen zu Pflegeheimen, Qualität und Finanzierung.
Fazit: Pflegeheim als Teil der Versorgungskette
Ein Pflegeheim (EMS) ist eine professionelle Einrichtung für Menschen mit hohem Pflegebedarf, die zu Hause nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Es bietet rund um die Uhr medizinische, pflegerische und soziale Betreuung in einem geschützten Rahmen. Die Entscheidung für ein Pflegeheim sollte nie überstürzt getroffen werden, sondern nach sorgfältiger Abwägung von Bedürfnissen, Möglichkeiten und Alternativen.
Schweizer Pflegeheime unterliegen strengen Qualitätsstandards und bieten in der Regel ein hohes Versorgungsniveau. Ob öffentlich oder privat, wichtig ist, dass das Heim zu den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Person passt und eine würdevolle, menschliche Betreuung im Alter ermöglicht.