Die Zeit vor dem Einzug
Der Heimeinzug beginnt nicht am Umzugstag, sondern in den Wochen davor. Eine gute Vorbereitung nimmt Ängste und schafft Vertrauen.
Gemeinsame Besichtigungen
Besuchen Sie das Pflegeheim wenn möglich mehrmals vor dem Einzug. Schauen Sie sich nicht nur das Zimmer an, sondern auch die Gemeinschaftsräume, den Garten und das Restaurant. Sprechen Sie mit Bewohnerinnen und Bewohnern, wenn sich Gelegenheit bietet. Je vertrauter die Umgebung wird, desto weniger fremd fühlt sie sich am Einzugstag an.
Viele Heime bieten die Möglichkeit an, vor dem Umzug zum Mittagessen zu kommen oder an einer Aktivität teilzunehmen. Nutzen Sie solche Angebote, um einen ersten Eindruck vom Alltag zu bekommen.
Das Zimmer einrichten planen
Besprechen Sie gemeinsam, welche Möbel und persönlichen Gegenstände mitkommen sollen. Das Zimmer sollte zu einem vertrauten Ort werden, nicht zu einer anonymen Hotelunterkunft.
Was ins Zimmer mitnehmen:
- Lieblingsstuhl oder Sessel: Vertraute Sitzmöbel schaffen Heimeligkeit
- Familienfotos: An den Wänden oder auf der Kommode, denn Erinnerungen geben Halt
- Kleinmöbel: Eine vertraute Kommode, ein kleiner Tisch oder eine Stehlampe
- Persönliche Dekoration: Bilder, Pflanzen, Tischdecke, kleine Sammlungen
- Lieblingsdecke oder Kissen: Vertraute Textilien vermitteln Geborgenheit
- Bücher, Zeitschriften, Hobbygegenstände: Was dem Alltag Struktur gibt
Messen Sie das Zimmer aus und planen Sie die Einrichtung. Viele Heime stellen einen Grundplan zur Verfügung. Bedenken Sie, dass genügend Platz für den Pflegealltag bleiben muss, denn ein überladenes Zimmer erschwert die Arbeit des Personals.
Die praktische Organisation
In den Wochen vor dem Einzug gibt es einiges zu klären und zu organisieren:
- Bisherige Wohnung: Kündigung oder Zwischennutzung, Auflösung oder Räumung organisieren
- Umzugslogistik: Transport der Möbel und persönlichen Sachen organisieren
- Kleidung beschriften: Alle Kleidungsstücke sollten mit Namen versehen werden (viele Heime bieten dafür einen Service)
- Medikamente übergeben: Liste aller Medikamente und Vorräte für die Heimleitung vorbereiten
- Wichtige Kontakte informieren: Hausarzt, Spitex, Versicherungen, Post über Adressänderung benachrichtigen
- Finanzielles regeln: Zahlungsverkehr, Daueraufträge, Vollmachten prüfen
Tipp für die Kleidung
Wählen Sie praktische, pflegeleichte Kleidung in ausreichender Menge. Fünf bis sieben Garnituren sind sinnvoll, damit das Personal nicht täglich waschen muss. Beschriften Sie alles mit Namen, auch Socken und Unterwäsche.
Der Einzugstag
Zeitplanung
Planen Sie genügend Zeit ein. Ein Heimeinzug ist kein Umzug, der in zwei Stunden erledigt ist. Rechnen Sie mit einem halben bis ganzen Tag. Viele Heime empfehlen, vormittags einzuziehen, damit der neue Bewohner am ersten Tag bereits am Mittagessen teilnehmen kann.
Klären Sie vorab mit dem Heim, wann Sie erwartet werden und welche Ansprechperson für Sie da sein wird. Eine Bezugspflegeperson sollte sich Zeit für ein erstes Gespräch nehmen können.
Wer begleitet den Einzug?
Überlegen Sie gut, wer am Einzugstag dabei sein soll. Manchmal ist weniger mehr, denn ein grosser Familienauflauf kann überfordern. Wichtig sind die engsten Bezugspersonen, die Ruhe und Sicherheit ausstrahlen.
Wenn Ihr Angehöriger kognitiv beeinträchtigt ist, kann es sinnvoll sein, den Umzug in seiner Abwesenheit vorzubereiten und ihn erst ins bereits eingerichtete Zimmer zu bringen.
Das Zimmer einrichten
Nehmen Sie sich Zeit, das Zimmer gemeinsam einzurichten. Wo soll der Sessel stehen? Welche Fotos kommen wohin? Wo liegen die Brille, das Hörgerät, die Handcreme griffbereit?
Je mehr das Zimmer von Anfang an nach «Zuhause» aussieht, desto leichter fällt das Ankommen. Auch Kleinigkeiten zählen: Die vertraute Tagesdecke auf dem Bett, die Lieblingstasse auf dem Nachttisch, die gewohnte Seife im Bad.
Das Aufnahmegespräch
Am Einzugstag findet in der Regel ein ausführliches Aufnahmegespräch mit der Pflegeleitung oder einer Bezugspflegeperson statt. Dabei werden wichtige Informationen erfasst:
- Gesundheitszustand, Diagnosen, Medikamente
- Gewohnheiten und Vorlieben im Alltag
- Biographie und wichtige Lebensereignisse
- Besondere Bedürfnisse oder Abneigungen
- Kontakte zu Angehörigen und Freunden
Bereiten Sie sich auf dieses Gespräch vor. Je mehr das Personal über Ihren Angehörigen weiss, desto individueller kann es pflegen und betreuen.
Biographie-Arbeit ist wichtig
Erzählen Sie dem Personal etwas über das Leben Ihres Angehörigen: Beruf, Familie, Hobbys, Vorlieben. Diese Informationen helfen, die Person hinter dem Pflegebedürftigen zu sehen und Gesprächsthemen zu finden. Besonders bei Demenz sind biografische Informationen wertvoll.
Die ersten Tage und Wochen
Die Eingewöhnungsphase
Die ersten Wochen im Heim sind eine Phase der Anpassung, und zwar sowohl für den Bewohner als auch für die Angehörigen. Vieles ist neu und ungewohnt. Haben Sie Geduld mit diesem Prozess.
Was in der Anfangszeit normal ist:
- Verwirrung und Desorientierung, besonders abends
- Der Wunsch, wieder nach Hause zu gehen
- Rückzug oder im Gegenteil übermässiges Klammern
- Appetitlosigkeit oder Schlafprobleme
- Traurigkeit oder Gereiztheit
Diese Reaktionen sind verständlich und gehen meist nach einigen Wochen zurück. Bleiben Sie im Kontakt mit dem Pflegepersonal und sprechen Sie Beobachtungen an.
Besuchsrhythmus finden
In der ersten Zeit sind häufige, aber nicht zu lange Besuche hilfreich. Täglich 30 bis 60 Minuten ist oft besser als einmal pro Woche drei Stunden. So erhält Ihr Angehöriger regelmässige Ankerpunkte, ohne überfordert zu werden.
Beobachten Sie, was guttut. Manche Bewohner freuen sich über tägliche Kurzbesuche, andere brauchen mehr Freiraum, um sich auf die neue Umgebung einzulassen. Auch für Sie ist wichtig: Sie müssen nicht ständig da sein. Das Personal übernimmt jetzt viele Aufgaben, die vorher Ihre waren.
Mehr zum Thema finden Sie in unserem Artikel über Besuchsgestaltung im Heim.
Kontakt zum Personal aufbauen
Eine gute Zusammenarbeit mit dem Pflegeteam ist entscheidend. Lernen Sie die Bezugspflegepersonen kennen und zeigen Sie Interesse an der Arbeit. Wertschätzung und freundlicher Umgang fördern eine positive Atmosphäre.
Hilfreiche Haltungen:
- Vertrauen Sie dem Fachwissen des Personals
- Sprechen Sie Anliegen direkt und sachlich an
- Anerkennen Sie die Arbeit und bedanken Sie sich für besondere Aufmerksamkeiten
- Beobachten Sie genau, aber urteilen Sie nicht vorschnell
- Nutzen Sie Angehörigengespräche für offene Rückmeldungen
Integration fördern
Ermutigen Sie Ihren Angehörigen, an Aktivitäten teilzunehmen und Kontakte zu knüpfen. Die meisten Heime bieten ein vielfältiges Programm: Singen, Gymnastik, Spiele, Ausflüge, kulturelle Anlässe.
Manchmal braucht es mehrere Anläufe, bis jemand Freude an einer Aktivität findet. Bleiben Sie dran, aber drängen Sie nicht. Auch das Mittagessen im Restaurant statt im Zimmer fördert soziale Kontakte.
Schwierige Situationen meistern
Wenn der Einzug gegen den Willen erfolgt
Manchmal ist ein Heimeinzug aus medizinischen oder pflegerischen Gründen notwendig, obwohl der Betroffene ihn ablehnt. Das ist für alle Beteiligten belastend.
Bleiben Sie ehrlich, aber einfühlsam. Erklären Sie ruhig, warum dieser Schritt nötig ist. Vermeiden Sie Aussagen wie «Es ist nur vorübergehend», wenn das nicht stimmt. Falsche Hoffnungen erschweren die Eingewöhnung.
Geben Sie Ihrem Angehörigen Zeit für Trauer und Wut. Diese Gefühle sind berechtigt. Gleichzeitig zeigen Sie Zuversicht: «Wir schauen, dass es dir hier gut geht. Wir sind für dich da.»
Umgang mit Schuld- und Trauergefühlen
Viele Angehörige plagen nach dem Heimeinzug Schuldgefühle. «Hätte ich nicht doch mehr tun können?» «Habe ich meine Mutter im Stich gelassen?»
Ein Heimeinzug ist keine Aufgabe, sondern oft die beste Lösung für alle Beteiligten. Sie haben das getan, was nötig und möglich war. Nun dürfen Sie wieder mehr Tochter oder Sohn sein und weniger Pflegekraft.
Sprechen Sie über Ihre Gefühle mit Vertrauenspersonen oder nutzen Sie Angehörigengruppen. Auch professionelle Unterstützung bei der Bewältigung von emotionalem Stress und Überlastung kann in dieser Phase hilfreich sein.
Ihre neue Rolle
Mit dem Heimeinzug verändert sich Ihre Rolle. Sie sind nicht mehr für die grundlegende Versorgung zuständig, sondern können sich wieder auf die Beziehung konzentrieren. Gemeinsame Zeit wird zu Qualitätszeit: für Gespräche, Spaziergänge, Erinnerungen.
Praktische Checkliste für den Heimeinzug
Vor dem Einzug:
- Mehrere Besichtigungstermine im Heim wahrnehmen
- Zimmer ausmessen und Einrichtung planen
- Kleidung beschriften lassen (ca. 2 Wochen vor Einzug)
- Möbeltransport organisieren
- Medikamentenliste und Vorräte vorbereiten
- Adressänderungen vornehmen (Post, Arzt, Versicherungen)
- Biografische Informationen für das Personal zusammenstellen
Am Einzugstag:
- Genügend Zeit einplanen (halber bis ganzer Tag)
- Zimmer gemeinsam einrichten
- Aufnahmegespräch mit Pflegeleitung führen
- Wichtige Kontaktpersonen im Heim kennenlernen
- Gemeinsames Mittagessen im Heim einnehmen
- Rundgang durch alle wichtigen Räume machen
In den ersten Wochen:
- Regelmässige, aber nicht zu lange Besuche einplanen
- Kontakt zum Pflegeteam aufbauen
- Teilnahme an Aktivitäten ermutigen
- Beobachtungen mit dem Personal besprechen
- Eigene Gefühle ernst nehmen und Unterstützung suchen wenn nötig
Fazit: Ein neuer Anfang
Der Heimeinzug ist ein einschneidender Übergang, aber auch ein neuer Anfang. Mit guter Vorbereitung, einfühlsamer Begleitung und realistischen Erwartungen schaffen Sie die Grundlage dafür, dass Ihr Angehöriger sich im Heim einlebt und Sie als Angehöriger wieder mehr Energie für die Beziehung haben.
Geben Sie sich und Ihrem Angehörigen Zeit für diesen Prozess. Nicht alles muss von Anfang an perfekt sein. Wichtig ist, im Gespräch zu bleiben: mit Ihrem Angehörigen, mit dem Personal und mit sich selbst.
Die meisten Bewohner und Angehörigen berichten nach einigen Monaten, dass der Heimeinzug die richtige Entscheidung war. Die professionelle Betreuung, die sozialen Kontakte und die Entlastung der Familie tragen zu einer neuen Lebensqualität bei, und zwar für alle Beteiligten.