Die eigene Wohnung so anpassen, dass sie im Alter und bei Pflegebedarf sicher bleibt: Das ermöglicht längeres Leben zuhause. Viele ältere Menschen wünschen sich, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Doch mit zunehmenden körperlichen Einschränkungen werden alltägliche Handlungen wie Treppensteigen, Duschen oder der Gang zur Toilette zur Herausforderung.
Wohnungsanpassungen können hier Abhilfe schaffen. Von einfachen Massnahmen wie Haltegriffen bis zu grösseren Umbauten wie barrierefreien Badezimmern: Die Möglichkeiten sind vielfältig. Doch welche Anpassungen sind sinnvoll? Was kosten sie? Und wer beteiligt sich an den Kosten?
Warum sind Wohnungsanpassungen wichtig?
Mit dem Alter nehmen Beweglichkeit, Kraft und Gleichgewicht ab. Gleichzeitig steigt das Sturzrisiko. In der Schweiz stürzen jährlich über 86'000 Menschen über 65 Jahre, viele davon zuhause. Stürze sind die häufigste Ursache für Spitalaufenthalte bei älteren Menschen und können zu dauerhafter Pflegebedürftigkeit führen.
Gezielte Wohnungsanpassungen können:
- Sturzrisiko reduzieren: Durch Beseitigung von Stolperfallen und Installation von Haltegriffen
- Selbstständigkeit erhalten: Alltägliche Tätigkeiten bleiben ohne fremde Hilfe möglich
- Sicherheit erhöhen: Besonders in kritischen Bereichen wie Bad und Küche
- Pflege erleichtern: Für Angehörige und professionelle Pflegekräfte
- Heimeinzug hinauszögern: Längerer Verbleib in der vertrauten Umgebung
Frühzeitig planen
Je früher Sie mit Anpassungen beginnen, desto besser. Warten Sie nicht, bis ein Sturz passiert ist. Vorbeugende Massnahmen sind meist kostengünstiger und weniger aufwendig.
Welche Wohnungsanpassungen gibt es?
Wohnungsanpassungen lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:
1. Einfache Anpassungen (bis CHF 1'000)
Diese Massnahmen können oft selbst oder durch einen Handwerker umgesetzt werden:
- Haltegriffe und Handläufe: In Bad, WC, Treppenhaus und Flur (CHF 50-200 pro Griff)
- Rutschfeste Beläge: In Dusche, Badewanne und auf glatten Böden (CHF 30-150)
- Schwellenrampen: Zum Ausgleich kleiner Höhenunterschiede (CHF 100-300)
- Beleuchtung verbessern: Helle LED-Leuchten mit Bewegungsmeldern (CHF 50-200)
- Türgriffe anpassen: Hebelgriffe statt Knaufgriffe (CHF 40-80 pro Tür)
- Stolperfallen beseitigen: Teppiche fixieren oder entfernen, Kabel verlegen
2. Mittlere Anpassungen (CHF 1'000-10'000)
Diese Massnahmen erfordern meist Fachfirmen und grösseren Aufwand:
- Duschumbau: Ebenerdige Dusche statt Badewanne (CHF 3'000-8'000)
- WC-Erhöhung: Erhöhtes WC oder Aufsatz mit Haltegriffen (CHF 500-1'500)
- Türverbreiterung: Für Rollstuhl oder Rollator (CHF 1'500-3'000 pro Tür)
- Bodenbeläge anpassen: Rutschfeste, ebene Beläge ohne Schwellen (CHF 2'000-6'000)
- Küche anpassen: Unterfahrbare Arbeitsflächen, ergonomische Höhen (CHF 3'000-10'000)
3. Grössere Umbauten (ab CHF 10'000)
Umfassende Massnahmen für deutlich eingeschränkte Mobilität:
- Treppenlift: Für gerade Treppen (CHF 8'000-15'000), Kurventreppen (CHF 15'000-30'000)
- Plattformlift/Hublift: Für Rollstuhlfahrer (CHF 15'000-40'000)
- Badumbau komplett: Rollstuhlgerechtes Bad mit bodengleicher Dusche (CHF 15'000-30'000)
- Aufzug: Einbau eines Hauslifts (ab CHF 30'000)
- Raumaufteilung ändern: Z.B. Schlafzimmer ins Erdgeschoss verlegen (sehr individuell)
Die wichtigsten Bereiche im Detail
Badezimmer
Das Bad ist der unfallträchtigste Bereich in der Wohnung. Wichtige Anpassungen:
- Ebenerdige Dusche: Keine Stolperschwelle, mit rutschfestem Boden und Haltegriffen
- Duschsitz oder Hocker: Zum sicheren Sitzen beim Duschen (CHF 100-500)
- Erhöhtes WC: 45-48 cm Sitzhöhe statt Standard 40 cm, mit seitlichen Stützgriffen
- Waschtisch unterfahrbar: Für Rollstuhlnutzer ohne Unterschrank
- Gute Beleuchtung: Hell und blendfrei, evtl. mit Nachtlicht
Treppen
Treppen werden oft zur unüberwindbaren Barriere:
- Beidseitige Handläufe: Fest montiert, in ergonomischer Höhe (90-110 cm)
- Kontraststreifen: An der Stufenkante für bessere Sichtbarkeit
- Rutschfeste Stufenbeläge: Gummiprofile oder spezielle Beläge
- Treppenlift: Wenn Treppensteigen nicht mehr möglich ist
- Alternative: Schlafzimmer und Bad ins Erdgeschoss verlegen
Küche
Selbstständiges Kochen und Essen sind wichtig für die Lebensqualität:
- Arbeitshöhe anpassen: Ergonomische Höhe für Steh- oder Sitzarbeit
- Unterfahrbare Bereiche: Für Rollstuhlfahrer
- Leicht erreichbare Schränke: Häufig genutzte Gegenstände in Griffhöhe
- Sicherheitseinrichtungen: Herdwächter, automatische Abschaltung
Eingang und Flure
- Schwellenfreier Zugang: Rampen oder Schwellenkeile
- Breite Türen: Mindestens 80 cm, besser 90 cm Durchgangsbreite
- Gute Beleuchtung: Bewegungsmelder für automatisches Licht
- Sitzgelegenheit: Zum Schuhe anziehen im Eingangsbereich
Wie gehe ich bei der Planung vor?
Eine systematische Vorgehensweise hilft, die richtigen Prioritäten zu setzen:
1. Bedarfsanalyse
Welche Einschränkungen bestehen jetzt und sind in Zukunft zu erwarten? Wo liegen die grössten Gefahrenstellen? Eine Wohnberatung kann hier sehr hilfreich sein.
2. Beratung einholen
Wohnberaterinnen und -berater sind spezialisiert auf altersgerechte Wohnungsanpassungen. Viele Gemeinden, Pro Senectute und Behindertenorganisationen bieten kostenlose oder kostengünstige Beratungen an.
3. Prioritäten setzen
Beginnen Sie mit den wichtigsten Massnahmen, die die grösste Sicherheit bringen. Nicht alles muss sofort umgesetzt werden.
4. Finanzierung klären
Prüfen Sie, welche Zuschüsse und Finanzierungshilfen verfügbar sind (siehe unten).
5. Fachfirmen beauftragen
Holen Sie mehrere Offerten ein. Achten Sie auf Erfahrung mit altersgerechten Umbauten.
Tipp: Kostenlose Wohnberatung nutzen
Pro Senectute und viele Gemeinden bieten kostenlose Beratungen vor Ort an. Expertinnen und Experten kommen zu Ihnen nach Hause und machen konkrete Vorschläge. Informieren Sie sich bei Ihrer lokalen Pro Senectute oder Gemeindeverwaltung.
Wer bezahlt die Wohnungsanpassungen?
Die Kosten für Wohnungsanpassungen können schnell mehrere tausend Franken erreichen. Glücklicherweise gibt es verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten:
1. Hilflosenentschädigung der AHV/IV
Bei dauerhafter Hilfsbedürftigkeit zahlt die AHV/IV eine monatliche Pauschale (CHF 252 bis CHF 1'008/Monat, je nach Schweregrad, Stand 2025). Diese kann frei verwendet werden, auch für Wohnungsanpassungen.
Voraussetzung: Hilfsbedürftigkeit in mindestens zwei Bereichen des täglichen Lebens (z.B. Ankleiden, Körperpflege, Essen).
2. Hilfsmittel der IV/AHV
Die IV (für Personen unter 65) und AHV (ab 65) übernehmen die Kosten für bestimmte Hilfsmittel, die im Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind:
- Haltegriffe und Handläufe (teilweise)
- Treppenlifte (unter bestimmten Bedingungen, Kostenbeteiligung)
- Rampen und Schwellenausgleiche
Wichtig: Der Antrag muss vor der Installation gestellt werden. Nachträgliche Anträge werden meist abgelehnt.
3. Ergänzungsleistungen (EL)
Wenn das Einkommen knapp ist, können über Ergänzungsleistungen auch Umbaukosten als "Krankheits- und Behinderungskosten" geltend gemacht werden. Dies ist sehr individuell und muss bei der kantonalen EL-Stelle geprüft werden.
4. Krankenkasse
Die Grundversicherung übernimmt in der Regel keine Umbaukosten. Einige Zusatzversicherungen beteiligen sich jedoch an Hilfsmitteln und kleineren Anpassungen. Prüfen Sie Ihre Police.
5. Stiftungen und gemeinnützige Organisationen
Verschiedene Stiftungen unterstützen finanziell bei Wohnungsanpassungen:
- Pro Senectute: Kann in Härtefällen finanzielle Unterstützung bieten
- Pro Infirmis: Für Menschen mit Behinderung
- Gemeinnützige Stiftungen: Viele regionale Stiftungen helfen bei knappen Mitteln
6. Steuerabzug
Wohnungsanpassungen aus gesundheitlichen Gründen können bei der Steuererklärung als Krankheitskosten abgezogen werden. Sammeln Sie alle Belege und Arztzeugnisse.
7. Bei Mietwohnungen: Vermieter einbeziehen
Bei Mietwohnungen brauchen Sie die Zustimmung des Vermieters. Viele Vermieter zeigen sich kooperativ, da altersgerechte Anpassungen den Wert der Liegenschaft erhöhen können. Klären Sie im Vorfeld:
- Wer trägt die Kosten?
- Muss beim Auszug zurückgebaut werden?
- Kann die Miete angepasst werden?
Kostenbeispiel
Herr Meier, 78 Jahre, benötigt:
- Ebenerdige Dusche: CHF 6'000
- Erhöhtes WC mit Griffen: CHF 1'200
- Haltegriffe in Flur und Bad: CHF 600
- Treppenlift (gerade): CHF 10'000
Gesamtkosten: CHF 17'800
Finanzierung: Hilflosenentschädigung CHF 5'000 (geäufnet über 1 Jahr), IV-Beitrag Treppenlift CHF 3'000, Eigenleistung CHF 9'800
Wohnberatung: Professionelle Unterstützung
Wohnberaterinnen und -berater sind Fachpersonen, die auf altersgerechtes und barrierefreies Wohnen spezialisiert sind. Sie helfen bei:
- Analyse der Wohnsituation vor Ort
- Identifikation von Gefahrenstellen
- Konkrete Vorschläge für Anpassungen
- Priorisierung der Massnahmen
- Informationen zu Finanzierungsmöglichkeiten
- Vermittlung von Fachfirmen
Wo finde ich Wohnberatung?
- Pro Senectute (meist kostenlos)
- Pro Infirmis (für Menschen mit Behinderung)
- Gemeindliche Altersberatungsstellen
- Spitex-Organisationen (einige bieten Wohnberatung)
- Private Wohnberater (kostenpflichtig, ca. CHF 150-250/Std.)
Checkliste: Die wichtigsten Anpassungen auf einen Blick
Badezimmer:
- Ebenerdige Dusche mit Haltegriffen
- Rutschfeste Beläge
- Erhöhtes WC mit Stützgriffen
- Gute Beleuchtung
Treppen:
- Beidseitige, stabile Handläufe
- Rutschfeste Beläge
- Gute Ausleuchtung
- Bei Bedarf: Treppenlift
Allgemein:
- Schwellenfreie Übergänge
- Ausreichend breite Türen (min. 80 cm)
- Helle Beleuchtung mit Bewegungsmeldern
- Stolperfallen beseitigen
- Hebelgriffe statt Knaufgriffe